• Künstler: Ernst Spiro
  • Marker: Lokrichthalle des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerks in Trier-West
  • Ort: Trier-West
  • Status: Verloren

Ein weiteres Zeugnis der Trierer Industriegeschichte wird wohl demnächst nicht mehr existieren: die unter Denkmalschutz stehende 1908–11 errichtete Lokrichthalle des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerks in Trier-West – eines der bedeutendsten Industriedenkmäler unserer Region. Nach 35 jährigem Siechtum und städtischen Fehlentscheidungen gepaart mit Einfallslosigkeit bleibt nun dem Ergebnis eines endlich beauftragten Gutachtens entsprechend der städtischen Denkmalbehörde offenbar nichts Anderes übrig, als dem neuen Luxemburger Eigentümer Antoine Feidt und Partner (TW Project Bau und Management GmbH) den vollständigen Abriss – widerlich–euphemistisch „Rückbau“ genannt – zu genehmigen. Hier zeichnet sich der größte Denkmalpflegeskandal seit dem Abriss der Treveris und des Hotels „Porta Nigra“ ab. Hat die Stadtverwaltung zu wenig Druck auf die wechselnden Eigentümer ausgeübt? Hat man zu hohe Forderungen gestellt und damit Investoren verprellt? Hat man Entwicklungen verschlafen oder sich schlichtweg blauäugig austricksen lassen?

Obwohl der aktuelle Stadtvorstand wahrscheinlich die geringste Verantwortung an der unerfreulichen Entwicklung trägt, wird er und insbesondere das Baudezernat im Falle des drohendes Abrisses dennoch massive Kritik aus der Bevölkerung und von Fachkreisen (ganz aktuell: der Architektenprotest!) ernten. Denn leider ging es beim städtischen Handeln meist um die „Entwicklung des Geländes“ und kaum um den Substanzerhalt der denkmalgeschützten Lokrichthalle. Und so kam es, dass durch Öffnungen im schadhaften Dach und durch eingeschlagene Fenster eingedrungenes Wasser und Pflanzenbewuchs an der Substanz zehrten, bis der heutige Zustand erreicht war. Den wechselnden Investoren – an vorderster Stelle Erland Knaf, Geschäftsführer eines Eifeler Abrissunternehmens – kam diese Entwicklung womöglich gelegen, schienen sie doch überwiegend an den Filetstücken des Geländes interessiert zu sein (was die von Herrn Knaf gegen die Stadt eingeklagte Positionierung des ALDI-Marktes dicht bei der Lokrichthalle und andere absprachewidrige Aktionen beweisen). Als „Denkmal der verpassten Chancen“ bezeichnete ein TV-Kommentator vor Jahren den Komplex. Weil Bahn und Stadt Trier sich 1986 nicht über den Kaufpreis einigen konnten, sprangen Privatinvestoren in die Bresche: 1994 der Schweicher Bauunternehmer Peter Gesellchen im Verbund mit dem „Zweckverband Wirtschaftsförderung im Trierer Tal“ und später der TRIWO. 1998 gab er das Objekt nach Konflikten mit der Stadt an die Bahn zurück. 1999 kaufte es die EIFEL-Haus GmbH aus Dockendorf, die mit der TRIWO die „Entwicklungsgesellschaft Trier-West mbH“ gründete. 2003 erwarb es dann die Abrissfirma Knaf, die es nach langer Vernachlässigung Ende 2019 an den jetzigen Eigentümer veräußerte.

Die ersten Investoren wollten mit dem Areal gleich ganz hoch hinaus. Zu hoch, wie sich später zeigte. Ein Grund für das Scheitern der Projekte war auch der Widerstand der Stadt in den 1990er Jahren. Denn die stand plötzlich vor dem Konversionsgelände Castelforte, plante dort eine Großraumhalle und war an privater Konkurrenz in Trier-West nicht interessiert. Erland Knafs Pläne waren verhaltener, jedoch hat er durch die lange Hinhaltetaktik den Verfall am nachhaltigsten zu verantworten. Zu seinen Wohnungsbauplänen, die von vorne herein zum Scheitern verurteilt waren, wurde im Neuen Trierischen Jahrbuch des Vereins Trierisch bereits 2016 (im Jahresbericht „VERLOREN – GEFÄHRDET – GERETTET“, S. 264) kritisch Stellung bezogen. Und wo stehen wir jetzt – fünf Jahre später? Die im NTJ 2016 geäußerten Überlegungen sind angesichts des nun drohenden Totalabrisses des Industriedenkmals reine Utopie! In Berichten des TV vom 26.11.20 und der RaZ vom 01.12.20 wird die Leiterin des Trierer Denkmalamtes Dr. Angelika Meyer in Zusammenhang mit dem drohenden Abriss der Lokrichthalle wie folgt zitiert: „Zuerst geht es immer um den Erhalt eines Gebäudes. Was nicht erhalten werden kann, kann man reparieren. Und was nicht repariert werden kann, kann man rekonstruieren oder ersetzen.[...]“ In diesem Sinne besteht noch eine winzige Hoffnung, dass der neue Eigentümer Antoine Feidt und seine Partner bereit sind, trotz des Gutachtens den in der Presse geäußerten Willen, möglichst große Teile der Lokrichthalle zu erhalten, in diesem Sinne umsetzt – auch wenn dies eine Menge Geld kostet. Die Trierer Bevölkerung, die wie bei kaum einem anderen bisherigen Denkmalpflegeskandal derart leidenschaftliche Anteilnahme zeigt, würde es ihnen danken.

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